Freitag, 28. November 2008

Befreiungstheologie - ohne eine wie auch immer geartete Ideologie







Der Campus der Päpstlichen Katholischen Universität von Peru ist 44 Hektar groß, kaum zu glauben. Und er liegt mitten in Perus Hauptstadt Lima, zwar nicht im historischen Zentrum, aber doch immerhin zentral genug. Und vor allem in Sichtweite des internationalen Flughafens. Etwas über 90 Jahre ist die renommierte Institution alt, die viele internationale Kontakte pflegt (etwa auch mit der Freien Universität Berlin). Ein internationaler Kontakt ist nun hinzugekommen: Die Pontificia Universidad Católica del Peru hat den Regensburger Bischof mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet, wie vor ihm bereits den heutigen Papst Benedikt XVI., der zur Verleihung auch eigens aus Rom angeflogen kam, und den Kardinal von Tegucigalpa in Honduras.

Während des Gangs der Delegationen aus Regensburg und aus der Leitung der Universität zum Audimax begegnen zahlreiche Studenten und Studentinnen. Sie alle wissen, welche Chance ihnen die Ausbildung an der Universität bietet. Vor der Universitätskapelle wird bei leicht schwülen Temperaturen bereits der Weihnachtsbaum geschmückt, in dem Gotteshaus bauen Studenten die Krippe auf. Dann also zum Akademischen Festakt ins adrette Audimax, wo die Professoren allesamt ein weiß-gelbes Band mit Medaille der Universität ("Et lux in tenebris lucet") tragen. Fest angestellt an der Hochschule sind rund 400 Professoren, dazu kommt eine wesentliche höhere Zahl an Professoren, die hier stundenweise wirken. Auch das Prestige zählt nicht unerheblich.

Auf die Rede des Bischofs, der über die Bedeutung der Befreiungstheologie heute, also beinahe 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Zwangssystems in den Ländern Mittel-, Mittel-Ost- und Osteuropas spricht, folgt anhaltender Beifall. Alle erheben sich. Welcher Politiker, welcher Entscheidungsträger kommt sonst noch aus Europa nach Peru und spricht den Menschen aus der Seele? Vor allem vor dem Hintergrund profunder Kenntnisse des Landes (Bischof Müller ist Quechua nicht fremd, wenn er auch seine pastoralen Einsätze im Süden Perus auf Spanisch gestaltet hat; aber er kann Lieder auf Quechua singen). Immerhin ist Josef Sayer, Geschäftsführer des Päpstlichen Hilfswerks Misereor (Aachen), Priester der Erzdiözese Cuzco. Und das Erzbistum Freiburg die Partnerdiözese für die rund 40 Diözesen in Peru.

Dennoch: Die Freude ist deutlich, dass einer über die Ungerechtigkeit spricht, die in Lima und im ganzen Land schreiend ist. Außerdem treibt Bischof Gerhard Ludwig Müller keine wie auch immer geartete Ideologie, die es den Peruanern überzustülpen gälte. Sein Anliegen ist der katholische Glaube.

Natürlich drückt sich der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Christoph Müller, im anschließenden Gespräch sehr diplomatisch aus. Allein er kann nicht umhin, seine Sympathie gegenüber dem Gesagten auszudrücken. Es lobt, auch wenn er bekennt, nicht katholisch zu sein, die "klaren Worte gegenüber den politischen Akteure angesichts der fortdauernden extremen sozialen Unterschiede in Peru".